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Wolfgang-Andreas Schultz

Nach der Vertreibung – Fantasie über eine sephardische Melodie

für Klarinette, Viola und Klavier

Im mittelalterlichen Andalusien konnten Juden und Christen weitgehend friedlich leben und ihre Religion ausüben. Das änderte sich 1492 mit der Eroberung Granadas durch die Christen. Die Juden hatten die Wahl, zum Christentum überzutreten oder das Land zu verlassen. Diese Vertreibung und das erneute Exil haben tiefe Spuren in der jüdischen Kultur hinterlassen. In der Mystik entstand die Lehre vom „Bruch der Gefäße“ (Isaak Luria) und von „Gottes zerstreuten Funken“.

Viele Lieder der Sepharden, der spanischen Juden, haben überlebt, so auch die Melodie zu den Versen des Hohelieds (7, 12-13):

Komm, mein Freund, lass uns aufs Feld hinausgehen und in den Dörfern die Nacht verbringen, dass wir früh aufstehen zu den Weinbergen, und dass wir sehen, ob der Weinstock sprosse und seine Blüten aufgehen, ob die Granatbäume blühen; da will ich dir meine Liebe geben.

Diese Melodie bildet den Kern des Werks. Die beiden Melodie-Instrumente nähern sich in ihrer Sprache mehr der jüdischen Musik, das Klavier mehr der christlichen. Aus diesem Konflikt entstehen das Bild der Vertreibung und die Landschaft der Trauer.

Komponiert 2017
Dauer: etwa 10 Minuten