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Wolfgang-Andreas Schultz

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Divino Orfeo

Musikalische Handlung nach einer Idee von Calderón für Flöte, Viola, Harfe und Orchester

Besetzung:

2 Flöten (2. auch Altflöte in G); Oboe, Englischhorn; Klarinette in A, Baßklarinette in B; 2 Fagotte; 2 Trompeten, 2 Hörner, 2 Posaunen; Klavier, Pauke, 1 Schlagzeuger; Streicher: 8 erste und 6 zweite Violinen, 4 Violen, 4 Violoncelli und 3 Kontrabässe, dazu ein möglichst räumlich getrenntes Streichquartett, das wie eine Bühnenmusik wirken sollte.

Dauer:

etwa 30 Minuten

"Divino Orfeo" ist eines der geistlichen Schauspiele des spanischen Barockdichters Calderón de la Barca. In ihm ist Orpheus die göttliche Stimme, die durch ihren Gesang die Welt erschafft. Dann werden Antike und Christentum parallel geführt – eine Tradition, die auf den Kirchenvater Clemens von Alexandria (3. Jahrh.) zurückgeht. Das Paradies ist zugleich Arkadien, Eurydike ist die Allegorie der menschlichen Natur, die Schlange, die den Sündenfall auslöst, ist dieselbe, die Eurydike durch ihren Biss tötet, und die Höllenfahrt Christi entspricht dem Gang des Orpheus in die Unterwelt.

1. Teil: Die Schöpfung

Die Solistengruppe als Vertreterin der Stimme des Orpheus bereitet in Episoden, in denen verschiedene Skalen benutzt werden, deren Verwendung von indischen Ragas beeinflusst ist, die sechs Schöpfungsakte vor – die Welt entsteht nach und nach im Orchester (Das Chaos, Licht und Finsternis, Land und Wasser, die Pflanzenwelt, die Tiere – unter ihnen die Schlange – , und die menschliche Natur, Eurydike, repräsentiert durch die Solo-Violine); der siebte Tag ist der Ruhetag, dessen Obertonklänge der unteren, von Vierteltönen geprägte Schattenwelt gegenüberstehen.

2. Teil: Paradies / Arkadien

Liebesszene zwischen Orpheus (die drei Solisten) und Eurydike (Solo-Violine), eingefügt sind Abschnitte aus dem ersten Satz des 2. Streichquartetts „Eurydike – Zwei Landschaftsbilder für Streichquartett“, dabei einige Tänze, deren arkadische Heiterkeit durch das Thema der Schlange dunkel grundiert wird. Höhepunkt dieses Teils ist der Tod der Eurydike bzw. der Sündenfall.

3. Teil: Passion / Klage des Orpheus

Der göttliche Orpheus als menschlich Leidender, mit dem Höhepunkt der Kreuzigung.

4. Teil: Höllenfahrt / Abstieg in die Unterwelt

Die Stimme des Orpheus nähert sich der Sprache der Schattenwelt an. Der Tiefpunkt als Todespunkt ist eine rituelle Szene, die den angedeuteten Wiederaufstieg möglich macht. Hier werden Teile aus dem zweiten Satz des Streichquartetts ("Hades") eingefügt. Am Ende verdichten sich die beiden Sphären, die Erlösung in der christlichen Tradition und der erneute Verlust Eurydikes in der antiken zu begrifflich nicht auflösbaren Klangbildern.